Bewehrungsanteil in einem Querschnitt, der aus folgenden Gründen notwendig ist:

  • Ankündigung des Versagens durch Rissbildung
  • Aufnahme rechnerisch nicht berücksichtigter Zwangsspannungen
  • Begrenzung der Rissbreite

Gemäß DIN EN 1992-1-1 Abs. 7.3.2 ist zur Begrenzung der Rissbreiten eine Mindestbewehrung in der Zugzone erforderlich.
Die Einwirkung von Zwangsbeanspruchungen kann aufgrund der geringen Betonzugfestigkeit Risse verursachen. Eine gewisse Verformung des Betons, die zu minimalen Rissen führt, ist bei der Stahlbetonbauweise sogar erforderlich, um Zugkräfte vom Beton in die Zugbewehrung einleiten zu können. Im gerissenen Zustand der Zugzone nimmt allein die Bewehrung Zugkräfte auf. Zur Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit, Dauerhaftigkeit und aus optischen Gründen ist aber die Begrenzung der Rissbreiten erforderlich. Eine wichtige Eingangsgröße zur Ermittlung der erforderlichen Mindestbewehrung ist die Betonzugkraft unmittelbar vor der Rissbildung.
Rissbildungen finden statt, wenn die zeitlich anwachsenden Zwangsspannungen die Zugfestigkeit des Betons erreichen bzw. überschreiten. Bei der vereinfachten Nachweisführung nach DIN EN 1992-1-1 darf die Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite aus dem Gleichgewicht der im Beton wirkenden Zugkraft (Betonzugkraft) unmittelbar vor der Rissbildung und der in der Bewehrung der Zugzone wirkenden Zugkraft ermittelt werden. Die Einhaltung einer vorgegebenen rechnerischen Rissbreite wird über die Begrenzung der Stahlspannungen sichergestellt.
Die Betonzugkraft ergibt sich aus der Querschnittsfläche Act, die im ungerissenen Zustand des Betons rechnerisch unter Zugspannungen steht, und dem Mittelwert der wirksamen Betonzugfestigkeit fct,eff, die beim Auftreten der Risse zu erwarten ist. Je höher also die Zugfestigkeit des Betons im Bauteil ist, desto größer sind die Betonzugkräfte, die nach der Rissbildung in die Bewehrung übergeleitet werden. Dementsprechend größer muss auch der Bewehrungsquerschnitt sein. Umgekehrt: Je geringer die Betonzugfestigkeit zum Risszeitpunkt ist, desto weniger Bewehrung zur Begrenzung der Rissbreite ist also einzulegen.
Das führt oft bei Tragwerksplanern, die zur Bemessung der Mindestbewehrung eine Annahme zur Betonzugfestigkeit zum Risszeitpunkt treffen müssen, dazu, diese Betonzugfestigkeit im jungen Alter zur vermeintlichen Bewehrungseinsparung möglichst gering anzunehmen und vorzuschreiben (Verhinderung der Frührissbildung).

Literatur

  • Röhling, Stefan: Die effektive Zugfestigkeit bei der Ermittlung der rissbreitenbegrenzenden Bewehrung. In: beton 4-2015; S. 136 f
  • Röhling, Stefan: Zwangsspannungen infolge Hydratationswärme. Verlag Bau+Technik, Düsseldorf 2009