Fließmittel
Kurzbezeichnung: FM
Frühere Bezeichnung auch: Superverflüssiger
Fließmittel sind besonders stark verflüssigend wirkende Betonzusatzmittel, die auch nachträglich eingemischt werden dürfen (z. B. bei Transportbeton auf der Baustelle im Fahrmischer). Sie werden dem Beton in größeren Mengen als Betonverflüssiger zugesetzt.
Fließmittel bewirken eine erhebliche Verminderung des Wasseranspruchs und/oder eine Verbesserung der Verarbeitbarkeit.
Sie werden z. B. bei der Herstellung von sehr weichem und fließfähigem Beton (Konsistenzklasse F4 bis F6) und selbstverdichtendem Beton, aber auch zur Einstellung der Konsistenzen F2 und F3, eingesetzt.
Zum Teil werden die gleichen Grundstoffe für die Herstellung von Betonverflüssigern und Fließmitteln eingesetzt:
Fließmittel wurden schon 1936 in den USA auf der Basis von Naphthalinsulfonat entwickelt. In den 1960er-Jahren kamen Fließmittel auf Melaminsulfonat-Basis hinzu. Bis Mitte der 1990er Jahre beherrschten Produkte auf der Basis von Naphthalinsulfonat oder Melaminsulfonat in verschiedenen Konzentrationen und Abmischungen untereinander oder mit Ligninsulfonaten den Markt. Ihre verflüssigende Wirkung entsteht durch Anhaftung ihrer negativ geladenen Polymermoleküle an der Zementkornoberfläche und einer daraus entstehenden elektrostatischen Abstoßung der Zementkörner untereinander.
Seit Ende der 1990er Jahre sind Fließmittel auf Polycarboxylatether-Basis (PCE-Fließmittel) in Deutschland verfügbar, die mehr Anpassungsmöglichkeiten für den jeweiligen Einsatzzweck bieten. An der Hauptkette des Polymers befinden sich zwar auch hier elektrisch negativ geladene Molekülgruppen (Carboxylatgruppen COO-) mit den entsprechenden Wirkmechanismen, aber zusätzlich zu den Hauptketten besitzen diese Polymere auch Seitenketten.
Die verflüssigende Wirkung der Polycarboxylate beruht ebenfalls auf einer Anlagerung an den Oberflächen insbesondere der Zementkörner. Bei Polycarboxylaten sorgt die durch lange Seitenketten große räumliche Ausdehnung (sterische Hinderung) des Moleküls in Verbindung mit einer Anlagerung von Wassermolekülen an den Seitenketten für einen stabilen Wasserfilm um die Feststoffe im Beton, der eine Annäherung der Partikel aneinander verhindert und die innere Reibung im Zementleim herabsetzt.
Das Variieren der Längen der Ketten und der Anzahl der Carboxylatgruppen und Seitenketten ermöglicht die Gestaltung der Produkte für die verschiedenen Anwendungen. Fließmittel auf Basis Polycarboxylat und Polycarboxylatether können so sehr unterschiedliche Verflüssigungswirkung und Konsistenzhaltung aufweisen. Es können grob drei Typen unterschieden werden:
- mittlere bis hohe Verflüssigung, kurze Konsistenzhaltung (z. B. für Betonfertigteile)
- mittlere Verflüssigung, mittlere Konsistenzhaltung (z. B. für Transportbeton)
- geringe bis mittlere Verflüssigung, lange Konsistenzhaltung (z. B. für Transportbeton mit langer Verarbeitbarkeitszeit)
Der Anlagerungsprozesse der Moleküle an die Zementkornoberflächen und die chemischen Prozesse bei der einsetzende Hydratation beeinflussen sich wechselseitig, was die Wirksamkeit der Fließmittel vom Zeitpunkt der Zugabe und von der chemischen Zusammensetzung der verwendeten Zemente, Zusatzstoffe und Zusatzmittel abhängig macht.
Speziell bei Beton für Industrieböden muss das Fließmittel auf die Einbautechnologie abgestimmt werden: Sinnvoll ist eine
mittlere Verflüssigung bei moderater Verlängerung der Verarbeitbarkeitszeit. Fließmittel mit sehr langer Konsistenzhaltung eignen sich i. d. R. weniger für Industrieböden.
Literatur
- Zement-Merkblatt B3: Betonzusätze, Zusatzmittel und Zusatzstoffe
- Hauck, Günter: Fließmittel der neuen Generation für die Transportbetonindustrie. In: beton 3-2004, S. 128 f.
- Thielen, Gerd; Spanka, Gerhard; Grube, Horst: Regelung der Konsistenz von Beton durch Fließmittel. In: beton 8-1997, S. 470
- Eickschen, Eberhard; Müller, Christoph: Zusammenwirken von Luftporenbildner und Fließmittel in Beton. In: beton 6-2011, S. 241
- Rickert, Jörg: Zeta-Potential und Rheologie von Zementleimen – Einfluss von Fließmittel sowie Hüttensand und Kalkstein. In: beton 7+8/2010, S. 315, und 9/2010, S. 363