Infraleichtbeton

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Infraleichtbeton ist ein Leichtbeton mit einer Trockenrohdichte unterhalb von 800 kg/m³ und damit außerhalb des genormten Rohdichtebereichs nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2. Er besitzt sehr gute Wärmedämmeigenschaften. Weniger verbreitetet sind die Begriffe Isolationsbeton oder Dämmbeton.
Die Herstellung von Infraleichtbeton mit einer Rohdichte < 600 kg/m³ ist möglich [3]. Die Druckfestigkeit des Betons liegt dann in der Größenordnung von 5 MPa bzw. 5 N/mm².
Ziel bei der Verwendung von Infraleichtbeton ist es meist, in monolithischer Bauweise tragfähige Außenwände zu erstellen, die alle Anforderungen an den Wärmeschutz erfüllen und dabei folgende Vorteile aufweisen:

  • Baukonstruktive Details vereinfachen sich, wenn Wände nur aus einem mineralischen Rohstoff bestehen.
  • Infraleichtbeton lässt sich wie Beton überhaupt am Ende der Lebensdauer eines Gebäudes sehr gut wiederverwenden, aber nur, wenn er von allen nicht mineralischen Bestandteilen frei ist. Bei mehrschichtigen Systemen wie einem Wärmedämmverbundsystem müssen die Materialien aufwändig getrennt werden, hier aber nicht.
  • Mit Infraleichtbeton lassen sich Außenwände monolithisch als Sichtbeton erstellen, wobei die Oberfläche in der Regel poren- und strukturreicher ist und dadurch ein lebendigeres Erscheinungsbild hat.

Infraleichtbeton ist besonders geeignet für mäßig auf Druck beanspruchte Außenwände von ein- und mehrgeschossigen Gebäuden.
Je nach geforderter Druckfestigkeit beträgt die Wärmeleitfähigkeit zwischen 0,14 W/(m · K) und 0,20 W/(m · K), womit der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) für Wohngebäude von 0,28 W/(m2 · K) mit Wanddicken zwischen 55 cm bis 65 cm erreicht wird (Tafel 1).

Tafel 1: Wärmetechnische Eigenschaften von Infraleichtbeton [3] 1)

Die Trockenrohdichte eines gefügedichten Leichtbetons gemäß DIN EN 206-1 / DIN 1045-2 liegt zwischen 800 kg/m³ und 2000 kg/m³. Infraleichtbeton bietet seine sehr guten Wärmedämmeigenschaften aufgrund einer Rohdichte von weniger als 800 kg/m³, die ihm auch zu seinen Namen verholfen hat. Sie liegt unterhalb der von der Norm definierten Grenzen. Da der Infraleichtbeton außerhalb des Normenbereichs liegt, werden für den Einsatz in sicherheitsrelevanten Bauprodukten und Bauteilen Herstellung und Verwendung in allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ)/allgemeinen Bauartgenehmigungen (aBG) oder Zustimmungen im Einzelfall (ZiE)/vorhabenbezogenen Bauartgenehmigungen (vBG) geregelt. Diese sind beim Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) bzw. der obersten Landesbaubehörde zu beantragen. Produkteigenschaften müssen nachgewiesen werden. Für die Bemessung wird ein Ansatz aus der DIN EN 1520 oder nach Eurocode 2 (DIN EN 1991-1-1) herangezogen.

Die gegenüber einem genormten Leichtbeton weiter reduzierte Rohdichte wird u. a. durch Ersatz der feinen Gesteinskörnung aus Sand durch Leichtsande erreicht. Je geringer die Rohdichte des Infraleichtbetons ist, umso besser sind die Wärmedämmeigenschaften. Dabei verhalten sich Rohdichte und Wärmeleitfähigkeit annähernd proportional, d. h. die Verringerung der Rohdichte um 25 % führt zu einer ebenso großen Verringerung der Wärmeleitfähigkeit. Die Absenkung der Rohdichte führt auf der anderen Seite zu einer überproportionalen Reduktion der Betondruckfestigkeit und des E-Moduls.
Durch das sehr poröse Gefüge des Infraleichtbetons ist der Carbonatisierungswiderstand gering, wodurch die Bewehrung durch die Betondeckung allein evtl. nicht ausreichend gegen Korrosion geschützt ist. Daher ist ggf. nicht korrodierende oder korrosionsgeschützte Bewehrung zu verwenden. Infrage kommen z. B. verzinkte Bewehrung, Edelstahl-, Carbon- oder Glasfaserstabbewehrung.

Durch die niedrige Wärmeleitfähigkeit des Infraleichtbetons fließt die bei der Zementhydratation freiwerdende Wärme langsamer ab als bei Normalbeton. Die Betonoberfläche muss daher besonders gut vor zu schneller Abkühlung oder Überhitzung geschützt werden. Andernfalls können Temperaturdifferenzen zwischen Bauteilkern und -oberfläche zu Spannungsrissen führen.
Die geringe Frischbetonrohdichte des Infraleichtbetons erfordert ein durchdachtes Verdichtungskonzept.

Die Ökobilanz eines Betons wird im Wesentlichen durch die Art und Menge des verwendeten Zements bestimmt. Zur Verringerung der Umweltwirkungen ist es sinnvoll, klinkereffiziente Zementen (z. B. CEM II- bzw. CEM III-Zementen bei vergleichbarer technischer Leistungsfähigkeit und regionaler Verfügbarkeit) einzusetzen. Beim Zementgehalt unterscheidet sich Infraleichtbeton nicht wesentlich von Normalbeton. Allerdings tragen die im Infraleichtbeton eingesetzten Gesteinskörnungen Blähglas und Blähton, die in einem thermischen Prozess hergestellt werden, deutlich zum Ergebnis der Ökobilanz bei.
Die gute Rezyklierbarkeit von Infraleichtbeton (siehe oben) trägt zur Schonung natürlicher Ressourcen bei.


Literatur

[1] Zement-Merkblatt B14: Infraleichtbeton
[2] Zement-Merkblatt B13: Leichtbeton
[3] Lösch, C.; Rieseberg, P.: Infraleichtbeton. Entwurf | Konstruktion | Bau. Hrsg.: Schlaich, M., Leibinger, R.. Fraunhofer IRB, Stuttgart 2018
[4] Callsen, Björn; Thienel, Karl-Christian: Besondere Aspekte bei der Entwicklung und Ausführung eines hochwärmedämmenden Hochleistungs-Leichtbetons mit sehr niedriger Betonrohdichte. In: beton 4/2017 S.128 f.
[5] Schlaich, Mike; Hückler, Alex: Infraleichtbeton. Reif für die Praxis. In Beton- und Stahlbetonbau 12/2017
[6] Thienel, Karl-Christian; Haller, Timo; Beuntner, Nancy: Lightweight Concrete—From Basics to Innovations. In: Materials 2020, 13(5), 1120