Brückenbauweisen: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 20. Januar 2016, 15:39 Uhr
Für den Brückenbau in Betonbauweise stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Maßgeblich für die Auswahl sind die Geländebeschaffenheit und Gradiente, Brückenlänge und Spannweite sowie der wirtschaftliche Einsatz.
Die in den Anfangszeiten des Betonbrückenbaus ausschließlich angewendete Bauweise auf einem Lehrgerüst findet heute nur noch bei kurzen Spannweiten und niedrigen Brückenhöhen Anwendung. Das Lehrgerüst besteht aus Gerüstkonstruktionen, heute meist Lasttürmen, welche die Lasten aus Beton und Schalung unmittelbar oder über Fundamente vertikal in den Baugrund einleiten. In Naturschutzgebieten wird diese Bauweise als nicht zu duldende Beeinträchtigung betrachtet.
Große Spannweiten mit mehr als 150 m, wie sie beim Überwinden tiefer Täler, Meeresarmen und Flüssen häufig vorkommen, werden in der Regel im Freivorbau gebaut. Hierbei wird der Brückenüberbau - meist aus Spannbeton – Stück für Stück an den schon fertiggestellten Abschnitt angebaut, ohne dass dabei eine Abstützung nach unten erfolgt. Ggf. erfolgt eine Abspannung nach oben. Die Schalung ist z. B. in einem Vorbauwagen installiert, der nach dem Ausschalen und Vorspannen eines Abschnitts auf dem Kragarm des Brückenträgers weiter nach außen verschoben wird, um dort den nächsten Betonierabschnitt einzuschalen. Bei mehrfeldrigen Brücken kragen vom Pfeilertisch zu beiden Seiten Träger aus, die im Gleichgewicht stehen und gegen Kippen gesichert sind. An diesen Kragarmen hängt die Schalung für den Brückenüberbau.
Mehrfeldbrücken ab ca. acht Feldern mit mittleren Spannweiten bis ca. 60 m werden in der Regel im Taktschiebeverfahren gebaut. Voraussetzungen sind konstante Krümmungen der Gradiente. 10 m bis 30 m lange Brückenelemente werden hier an einem oder an beiden Brückenwiderlagern hergestellt und anschließend hydraulisch über die Brückenpfeiler geschoben. Die Taktfertigung mit ständig gleichen Arbeiten und die Möglichkeit zur nahezu witterungsunabhängigen Fertigung in einer Feldfabrik ergeben kurze Bauzeiten. Ein Nachteil ist, dass verfahrensbedingt nur gleich bleibende Querschnitte hergestellt werden können, deren Konstruktionshöhe von der größten Spannweite bestimmt wird.
Bei mittleren Spannweiten, bei denen das Taktschiebeverfahren aufgrund variierender Querschnitte und/oder Gradienten nicht eingesetzt werden kann, wird die Vorschubrüstung verwendet. Als Stahlfachwerkträger spannt sie zwischen zwei Brückenpfeilern und trägt die Schalungskonstruktion. Nach dem Erhärten des Betons wird sie um einen Takt, meist ein Brückenfeld, vorgeschoben.
Brücken aus werksmäßig hergestellten Betonfertigteilen ermöglichen sehr kurze Bauzeiten, sind aber wegen der Limitierungen der Transportabmessungen der Fertigteile nur bei kleineren Spannweiten bis ca. 40 m einsetzbar. Diese Bauweise weist dort die größten Vorteile auf, wo Verkehrswege überbrückt werden müssen, die – wenn überhaupt – nur kurzzeitig gesperrt werden dürfen. Die Planung von Transport, Kranstellplätzen und Montage stellt hohe Anforderungen an die Baustellenorganisation. Wirtschaftlich ist der Einsatz bei vielen Brückenfeldern mit immer gleichen Querschnitten der Träger.
Überbauten bei Balkenbrücken aus Beton werden bei größeren Spannweiten meist als Hohlkästen hergestellt. Die Spannglieder bei der externen Vorspannung, die aus Gründen der besseren Wartungsmöglichkeiten angewendet wird, werden korrosionsgeschützt in Hüllrohren im Hohlkasten geführt. Die Kräfte aus der Vorspannung werden über seitliche Konsolen in die Konstruktion geleitet. Bei kleineren Spannweiten kommen Plattenbalkenkonstruktionen zum Einsatz, Plattenbrücken meist nur bis 30 m Spannweite.
Die Stahlverbundbauweise kommt bei mittleren bis großen Spannweiten von 50 m bis 150 m zum Einsatz. Der Stahlüberbau wird von einem oder beiden Brückenlagern eingeschoben oder talseitig eingehoben. Die Fahrbahnplatten werden meist als Halbfertigteile auf die Stahllängsträger gelegt und erhalten eine Ortbetonergänzung.
Brückenbauwerke ohne Fugen und Lager werden als „integrale Bauwerke“ bezeichnet. Der Überbau einer integralen Brücke läuft über die gesamte Brückenlänge fugenlos durch und ist weder von den Pfeilern noch von den Widerlagern durch Fugen oder Lager getrennt. Alle Bauteile sind monolithisch miteinander verbunden. Als „semi-integrale Brücken“ werden Rahmentragwerke bezeichnet, bei denen nicht alle, aber mindestens in zwei Achsen die Unterbauten monolithisch an den Überbau angeschlossen sind. Der Vorteil ist, dass die "Schwachstelle" Fuge entfällt. Bei dieser Bauweise sind die aus Verformung entstehenden Schnittkräfte aber besonders zu berücksichtigen.
Literatur
[1] Joachim Naumann: Brückenertüchtigung jetzt – Ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Mobilität auf Bundesfernstraßen. Heftreihe Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V. Heft 22