Textilbeton: Unterschied zwischen den Versionen
(Die Seite wurde neu angelegt: „mini|Pavillon aus Textilbeton an der RWTH Aachen Textilbeton oder textilbewehrter Beton ist ein innovativer Verbundwer…“) |
(kein Unterschied)
|
Version vom 26. Juni 2015, 11:43 Uhr
Textilbeton oder textilbewehrter Beton ist ein innovativer Verbundwerkstoff aus einer Feinbetonmatrix und Hochleistungsfaserstoffen aus Carbon, alkaliresistentem Glas (AR-Glas) oder auch Basalt. Der wesentliche Unterschied zu den schon seit Jahrzehnten eingesetzten faserbewehrten Betonen ist, dass die Fasern mit Methoden und Geräten der Textiltechnik zu textilen Strukturen verbunden werden und als Gelege damit in Kraftrichtung im Betonbauteil ausgerichtet werden können.
Gegenüber der klassischen Bewehrung aus Stahl hat die textile Bewehrung den großen Vorteil nicht zu korrodieren. Bewehrungsstahl in Stahlbeton muss eine ausreichend große und dichte Betonüberdeckung sowie alkalische Umgebungsbedingungen aufweisen, um vor Korrosion geschützt zu sein. Dementsprechend müssen Stahlbeton-Bauteile eine größere Mindestdicke aufweisen. Aus Textilbeton lassen sich dagegen sehr dünne, aber dennoch tragfähige Schalen herstellen. Auch beim Auftrag dünner Verstärkungsschichten bei der Instandsetzung von Bauteilen ist dies ein Vorteil.
Anwendungen findet der Verbundwerkstoff derzeit in der Hauptsache im Brückenbau, im Bau von Schalen für Dächer, bei der Herstellung von Fassadenelementen und bei der Instandsetzung. Derzeit ist die Anwendung von Bauteilen aus Textilbeton für tragende Bauteile nur mit Zustimmung im Einzelfall oder Allgemeiner bauaufsichtliche Zulassungen möglich.
Herstellung von Bauteilen aus Textilbeton
Zur Herstellung der textilen Bewehrung werden zunächst aus bis zu 10.000 Endlos-Filamenten mit einem Durchmesser von wenigen Mikrometern Bündel (Rovings) erzeugt. Auf Nähwirkmaschinen entstehen daraus die textilen Gelegen mit einem Gitter in der gewünschten Maschenweite.
Anschließend wird die textile Bewehrung in einer Schalung in einen Mörtel bzw. Feinbeton eingebettet. Um einen möglichst kraftschlüssigen Verbund mit dem Textil eingehen zu können, muss der Mörtel möglichst fein und fließfähig sein. Zum Einsatz kommen z. B. Mischungen mit ca. 600 kg/m³ Zement, Betonzusatzstoffen wie Steinkohleflugasche und Mikrosilika, Sand der Sieblinie 0/1 und Fließmittel.
Die üblichen Produktionstechniken sind das Laminieren, Gießen und Spritzen. Ein weiteres Verfahren ist das Schleudern.
Beim Laminieren werden Feinbeton und Textil abwechselnd in Lagen in die Schalung eingebracht, bis die erforderliche Bauteildicke erreicht ist. Das Verfahren eignet sich zur Herstellung von zweidimensionalen Platten. Die Produktion der Platten ist nur in horizontaler Lage möglich.
Beim Gießverfahren wird in die Schalung eingelegte Textilbewehrung in einem Arbeitsgang mit dem Beton vergossen. Im Gießverfahren können keine hohen Bewehrungsgrade erzeugt werden, da dann der Feinbeton nicht mehr alle Rovings so umfließen kann, dass ein ausreichender Verbund von Rovings und Feinbetonmatrix entsteht.
Der Ablauf beim Spritzen ist dem beim Laminieren sehr ähnlich. Auch hier werden Feinbeton und Textil abwechselnd in Lagen aufgebracht. Es ist möglich, Bauteile sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Lage mit einem hohen Bewehrungsgrad herzustellen.
Beim Schleudern wird der Beton durch schnelles Rotieren um die Längsachse in der Schalung verdichtet. Angewendet wird das Verfahren vor allem für die Herstellung von Rohren, Masten und Pfählen. Zum Einlegen der textilen Bewehrung muss jeweils der Schleuderprozess unterbrochen werden, so dass der Prozess einen hohen Zeitaufwand verursacht.
Tragverhalten und Bemessung
Entscheidend für die Tragfähigkeit des Textilbetons ist die Übertragung der Kräfte aus der Feinbetonmatrix auf die Filamente eines Rovings. Aber nur ein geringer Teil der Filamente ist vollständig in die Feinbetonmatrix eingebunden. Die Größe der Kontaktfläche und die Qualität des Verbundes zwischen Filament und Matrix bestimmen die Verbundeigenschaften der Bewehrung und sind entscheidend für die Ausnutzung der theoretischen Tragfähigkeit der textilen Bewehrung.
Daraus entstand der Gedanke, die Filamente zuerst mit einem Polymer miteinander zu „verkitten“. Das flüssige Harz/Härter-Gemisch vermag in alle Hohlräume einzudringen und erhärtet dort. Die textilen Gelege sind nach dieser „Tränkung“ auch wesentlich besser zu handhaben. Polymerdispersionen bewirken im getränkten textilen Gelege eine günstige Lastverteilung auf die einzelnen Filamente und damit ein besseres mechanisches Verhalten des Verbundsystems.
Das Tragverhalten von Textilbeton ähnelt zwar dem von Stahlbeton, jedoch können die Bemessungsverfahren für Stahlbeton aufgrund der anderen Material- und Verbundeigenschaften nicht unverändert auf Textilbeton angewendet werden. Im Rahmen eines Sonderforschungsbereichs SFB 532s wurden und werden theoretische und experimentelle Untersuchungen durchgeführt, aus denen empirische Faktoren für die Berechnung der Tragfähigkeit textilbewehrter Elemente abgeleitet werden.
Literatur
- Schorn, Harald: Faserbetone für Tragwerke. Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf 2010
- Brameshuber, Wolfgang: RILEM-Report rep036 : Textile Reinforced Concrete - State-of-the-Art Report of RILEM TC 201-TRC, 2006. http://www.rilem.org/gene/main.php?base=500219&id_publication=100
- Ehlig, D.; Schladitz, F.; Frenzel, M.; Curbach, M.: Textilbeton – Ausgeführte Projekte im Überblick. Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012) 11, S. 777-785