Sulfidprobleme in Abwasseranlagen: Unterschied zwischen den Versionen
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In sachgerecht geplanten und betriebenen Kanalnetzen sind wegen günstiger Sauerstoffverhältnisse im Abwasser Sulfidprobleme nicht zu erwarten. Besonderer Beachtung bedürfen aber immer: | In sachgerecht geplanten und betriebenen Kanalnetzen sind wegen günstiger Sauerstoffverhältnisse im Abwasser Sulfidprobleme nicht zu erwarten. Besonderer Beachtung bedürfen aber immer: | ||
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Die Sulfidentwicklung in Freispiegelleitungen hängt davon ab, wie dick die Sielhaut ist. Unter Sielhaut wird die "Schleimschicht" verstanden, die sich auf der mit Abwasser benetzten Oberfläche eines Rohrs bildet. Bei niedrigem Gefälle der Leitung und/oder geringer Abwassermenge (überdimensionierte Leitung, zurückgehender Wasserverbrauch der Bevölkerung) ist die Fließgeschwindigkeit so gering, dass die Sielhaut wachsen kann. Durch die Zersetzung organischer Stoffe wird Sauerstoff aufgezehrt. Es erfolgt ein Übergang vom aerobem zum anaerobem Zustand. Nun setzt ein Fäulnisprozess ein, bei dem flüchtige Schwefelverbindungen in Form von organischen Sulfiden, organischen Polysulfiden und Schwefelwasserstoff (H<sub><small>2</small></sub>S) in der Sielhaut entstehen.<br /> | Die Sulfidentwicklung in Freispiegelleitungen hängt davon ab, wie dick die Sielhaut ist. Unter Sielhaut wird die "Schleimschicht" verstanden, die sich auf der mit Abwasser benetzten Oberfläche eines Rohrs bildet. Bei niedrigem Gefälle der Leitung und/oder geringer Abwassermenge (überdimensionierte Leitung, zurückgehender Wasserverbrauch der Bevölkerung) ist die Fließgeschwindigkeit so gering, dass die Sielhaut wachsen kann. Durch die Zersetzung organischer Stoffe wird Sauerstoff aufgezehrt. Es erfolgt ein Übergang vom aerobem zum anaerobem Zustand. Nun setzt ein Fäulnisprozess ein, bei dem flüchtige Schwefelverbindungen in Form von organischen Sulfiden, organischen Polysulfiden und Schwefelwasserstoff (H<sub><small>2</small></sub>S) in der Sielhaut entstehen.<br /> | ||
Entweicht Schwefelwasserstoff H<sub><small>2</small></sub>S aus dem Abwasser, entsteht im Gasraum über dem Abwasserspiegel auf der Oberfläche von Abwasserbauteilen elementarer Schwefel. Zuerst erscheinen schwache Säuren bildende Bakterien, die | Entweicht Schwefelwasserstoff H<sub><small>2</small></sub>S aus dem Abwasser, entsteht im Gasraum über dem Abwasserspiegel auf der Oberfläche von Abwasserbauteilen elementarer Schwefel. Zuerst erscheinen schwache Säuren bildende Bakterien, die | ||
den pH-Wert auf etwa pH 6 absenken. Dieser pH-Wert und das Substrat "elementarer Schwefel" sind die Lebensbedingungen für die "Schwefelbakterien" | den pH-Wert auf etwa pH 6 absenken. Dieser pH-Wert und das Substrat "elementarer Schwefel" sind die Lebensbedingungen für die "Schwefelbakterien" Thiobacillus thiooxidans. Durch seinen Stoffwechsel kann der pH-Wert durch Produktion von Schwefelsäure (H<sub><small>2</small></sub>SO<sub><small>4</small></sub>) bis auf unter pH 1 fallen. Damit ist ein sehr starker [[chemischer Angriff]] (biogene Schwefelsäurekorrosion) auf Zementmörtel und Beton sowie auf fast alle metallischen Bau- und Werkstoffe möglich. | ||
==Literatur== | ==Literatur== | ||
*Kampen, Rolf u.a.: Betonbauwerke in Abwasseranlagen. Verlag Bau+Technik, Düsseldorf 2011 | *[https://fwbau.verlagbt.de/eintrag/3-522-2011-.html Kampen, Rolf u.a.: Betonbauwerke in Abwasseranlagen. Verlag Bau+Technik, Düsseldorf 2011] |
Aktuelle Version vom 7. Januar 2019, 16:34 Uhr
Unter Mitwirkung von Bakterien entstehender chemischer Angriff auf Beton (biogene Schwefelsäurekorrosion)
Hochwertige Betonrohre und Schächte sind werkstoff- und produktionsbedingt bei sachgerechter Verlegung in der Lage, in fast allen Anwendungsfällen allen Beanspruchungen aus Verlegung, Einbau, Gebrauch, Betrieb und Wartung zu widerstehen. In Einzelfällen, in denen z. B. Korrosion auftritt, werden i. d. R. Grenzwerte für Abwässer in unzulässiger Weise überschritten. Korrosion im Gasraum von Abwasseranlagen tritt dann auf, wenn kritische Verhältnisse im Kanal angetroffen werden, die zu so genannten Sulfidproblemen führen.
In sachgerecht geplanten und betriebenen Kanalnetzen sind wegen günstiger Sauerstoffverhältnisse im Abwasser Sulfidprobleme nicht zu erwarten. Besonderer Beachtung bedürfen aber immer:
- Bereiche, in die sulfidhaltige Abwässer direkt eingeleitet werden,
- Übergabeschächte am Ende von Druckleitungen,
- Kanäle mit geringem Gefälle, mit Teilfüllung und langen Aufenthaltszeiten des Abwassers.
Abwasser sollte in aerobem, d.h. frischem und sauerstoffreichem Zustand dem Klärprozess zugeführt werden. Geht Abwasser in den anaeroben, d.h. sauerstofffreien Zustand über, können aus einem zunächst harmlosen Abwasser Sulfidprobleme entstehen.
Die Sulfidentwicklung in Freispiegelleitungen hängt davon ab, wie dick die Sielhaut ist. Unter Sielhaut wird die "Schleimschicht" verstanden, die sich auf der mit Abwasser benetzten Oberfläche eines Rohrs bildet. Bei niedrigem Gefälle der Leitung und/oder geringer Abwassermenge (überdimensionierte Leitung, zurückgehender Wasserverbrauch der Bevölkerung) ist die Fließgeschwindigkeit so gering, dass die Sielhaut wachsen kann. Durch die Zersetzung organischer Stoffe wird Sauerstoff aufgezehrt. Es erfolgt ein Übergang vom aerobem zum anaerobem Zustand. Nun setzt ein Fäulnisprozess ein, bei dem flüchtige Schwefelverbindungen in Form von organischen Sulfiden, organischen Polysulfiden und Schwefelwasserstoff (H2S) in der Sielhaut entstehen.
Entweicht Schwefelwasserstoff H2S aus dem Abwasser, entsteht im Gasraum über dem Abwasserspiegel auf der Oberfläche von Abwasserbauteilen elementarer Schwefel. Zuerst erscheinen schwache Säuren bildende Bakterien, die
den pH-Wert auf etwa pH 6 absenken. Dieser pH-Wert und das Substrat "elementarer Schwefel" sind die Lebensbedingungen für die "Schwefelbakterien" Thiobacillus thiooxidans. Durch seinen Stoffwechsel kann der pH-Wert durch Produktion von Schwefelsäure (H2SO4) bis auf unter pH 1 fallen. Damit ist ein sehr starker chemischer Angriff (biogene Schwefelsäurekorrosion) auf Zementmörtel und Beton sowie auf fast alle metallischen Bau- und Werkstoffe möglich.